Ich bin wieder zurück in Berlin. Nach einer anstrengenden aber unheimlich erfüllenden Festival-Woche in Freiburg finde ich langsam wieder Zeit mich anderen Dingen zu widmen. Zum Beispiel dem spannenden Buch „Kommunikation von Nachhaltigkeit im Fernsehen und Web 2.0„, erschienen im VS Verlag. Nachstehend findet Ihr ein kurzes schriftliches Interview, das ich vor kurzem mit Caroline Glathe geführt habe. Die Buchbeschreibung des Verlags liest sich wie folgt: „Nachhaltigkeit hat Hochkonjunktur – und doch ist das dahinter stehende Konzept längst nicht allen bekannt. In diesem Zusammenhang ist es von Interesse, wie (ausgewählte) Medien das Nachhaltigkeitsleitbild kommunizieren, zur Aufklärung beitragen und Verhaltensänderungen von Konsumenten unterstützen. Zur Analyse des Ist-Zustands medialer Nachhaltigkeitskommunikation in Deutschland führte Caroline Glathe eine qualitative Untersuchung durch.

Sie wertete 34 Fernsehsendungen aus dem Jahr 2009 und 18 Weblogs aus (mein Blog wird ebenfalls untersucht), um die gegenwärtig angewandten Methoden und Formen der Vermittlung aufzudecken. Das Buch wendet sich an Dozierende und Studierende der Kommunikations- und Medienwissenschaften sowie an Interessierte am Nachhaltigkeitskonzept.“

Hier ein kurzes schriftliches Interview mit Caroline Glathe:

Frau Glathe, bitte stellen Sie sich kurz vor.
Ich komme aus dem medien(-wissenschaftlichen) Bereich, d.h. ich habe unter anderem eine mediengestalterische Ausbildung und das Studium der Medienkommunikation absolviert. Gegenwärtig arbeite ich in der Marketingabteilung eines Photovoltaik-Unternehmens.

Wie kam es zur Entstehung dieses Buches?
Im Rahmen meiner Abschlussarbeit an der Uni überlegte ich, wie ich die wissenschaftlichen Aspekte meines Studiums mit den alltäglichen Dingen verbinden kann, die mich seit vielen Monaten stark beschäftigten. Meine Auseinandersetzung mit dem Thema Verantwortung (gegenüber Mensch, Tier und Natur/Umwelt) führte mich zum Themenkomplex der Nachhaltigkeit. Mich interessierte, wie Menschen mit ihr in Berührung kommen, unter welchen Umständen sie ihr Verhalten verändern und wie Nachhaltigkeit eigentlich kommuniziert wird. Letzteres habe ich dann für die medialen Formen Fernsehen und Web 2.0 untersucht.

Welches Beispiel von Nachhaltigkeits-Kommunikation aus Ihrem Buch finden Sie besonders gelungen?
Allgemein schließe ich mich der Meinung an, dass für Nachhaltigkeitskommunikation wie auch für jegliche gesellschaftlich-moralischen Ideen, die eine Verhaltensveränderung der Menschen erfordern, Panikmache, strikte Verbote und monotone Appelle ungeeignet sind. Statt dem Gefühl der Einschränkung in ihren Lebensweisen benötigen Menschen positive, motivierende Argumente, um gewohnte Pfade zu verlassen und Neues zu wagen. Insofern sind Sendungen, die auf erfrischende Art das Leitbild bzw. dessen vielfältige Handlungsfelder vorstellen, besonders gut geeignet. In meiner Analyse schaue ich ja primär nach den gegenwärtig eingesetzten Methoden und Formen der Vermittlung von Nachhaltigkeit. Überzeugend finde ich da TV-Beiträge, die Hintergründe verständlich erklären und von mehreren Seiten betrachten sowie Personen des Alltags zu Wort kommen lassen. Überhaupt scheint es am Besten, einen starken Bezug zum Alltag der Zuschauer herzustellen und ihnen ganz klare Handlungswege aufzuzeigen. Geschieht dies auf positive und anspornende Weise, besteht die realistische Chance, dass sich die Zuschauer motivieren lassen.

Bei den untersuchten Blogs finde ich alle überzeugend, um für Nachhaltigkeit zu sensibilisieren. Zwar bewegen sie sich aus völlig verschiedenen Richtungen auf das Thema zu, aber alle sind fundiert, kritisch hinterfragend, authentisch und deren Schreiber obendrein auch offline sehr oft engagiert: Zwar trägt jeder Blogger schon mit seiner öffentlichen Auseinandersetzung dazu bei, den Nachhaltigkeitsgedanken zu verbreiten, darüber hinaus initiieren viele aber auch Veranstaltungen oder berufliche Projekte in diese Richtung.

Wie schätzen Sie den Status Quo der Berichterstattung über Nachhaltigkeit in deutschen Medien ein?
Im Fernsehen wird Nachhaltigkeit (bzw. nur deren Einzelaspekte) gelegentlich in einer kleinen Auswahl von Sendeformaten (vorrangig Umwelt-, Wissens- und Servicemagazine) thematisiert. Natürlich erstens unter den bekannten Qualitätsunterschieden zwischen privaten und öffentlich-rechtlichen Sendern und zweitens mit der großen Kluft zwischen den fundierten, augenöffnenden Berichten und denen, die (auch bei den öffentlich-rechtlichen Sendern) nur an der Oberfläche kratzen. Einerseits gibt es viel zu wenig themenbezogene Sendungen und andererseits scheint mir, dass die gegenwärtige Aufbereitung viel zu einseitig ist. Natürlich suchen Produzenten nach greifbaren Inhalten, aber es besteht eben die Gefahr, dass beispielsweise das Phänomen der LOHAS ausschließlich als vergänglicher Trend kommuniziert wird und dass die oft einzige Annäherung an eine nachhaltige Lebensweise der Konsum von Bio-Lebensmitteln ist (welche sich oft absurderweise noch wie eine „unnatürliche Variante“ neben den „konventionellen“ beweisen müssen).

Da geht also noch einiges: vielfältigere Themenauswahl, Einbindung in andere Sendformate, v.a. in Unterhaltungsformate sowie eine kreativere Darstellung aller Dimensionen von Nachhaltigkeit ist hier notwendig.

Haben Sie den Eindruck, dass das Thema Nachhaltigkeit in den Medien in Zukunft eine größere Rolle spielen wird?
Da sich die bestehenden Produktionsregeln des Fernsehens sowie die finanziellen Interessen der Sender nicht so schnell ändern werden, ist wohl nicht mit einer überraschenden Wende zu rechnen. Aber dennoch scheint mir das allgemein kritische Hinterfragen in der Bevölkerung (bspw. aus Verbrauchersicht) langsam zuzunehmen und damit über weiteres Reflektieren vielleicht auch das Bewusstsein für die Eigenverantwortung zu wachsen. Das braucht alles seine Zeit. Aber der Fakt, dass es um unser aller Zukunft geht, könnte hilfreich für die Stärkung der Nachhaltigkeitskommunikation in den Medien sein.

Caroline Glathe studierte Medienkommunikation an der TU Chemnitz. Gegenwärtig arbeitet sie in der Marketingabteilung bei der SunStrom GmbH in Dresden.

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