Am vergangenen Samstag war ich auf der re:campaign in der Kalkscheune in Berlin und habe drei Vorträge bzw. Workshops dokumentiert. Ihr findet diese Beiträge auch auf der Seite der re:campaign, trotzdem gibt es hier im Blog jetzt eine weitere Verwertung der Dokumentation.

Über die Rolle des Internet und von Social Media im Rahmen des „Arabischen Frühlings“ wurde bereits viel gesprochen und geschrieben. Jillian C. York hat in diesem Zusammenhang unter anderem bereits auf der re:publica einen Vortrag gehalten und ist heute die zweite internationale Sprecherin am Vormittag.

Jillian arbeitet derzeit am Berkman Center for Internet & Society in Cambridge. In ihrem Blog schreibt sie über freie Meinungsäußerung, Politik und das Internet, mit einem Fokus auf die Arabische Welt. Darüber hinaus schreibt sie für Al Jazeera English und Global Voiles Online.

If your government shuts down the internet – shut down your government.

Sie erscheint heute morgen dank ausgiebigem Kaffeekonsum sehr energiegeladen auf der Bühne und wird von einer Zuhörerin gebeten ein klein wenig langsamer zu sprechen. Gleich zu Beginn ihres Vortrags betont sie, dass die Revolutionen in Nordafrika keine Revolutionen waren, die allein durch Facebook, Twitter und andere Social Media Dienste zustande kamen. Es sind primär Revolutionen der Bevölkerung und einzelner Menschen die diese Bewegung in Gang gesetzt haben. Als Beispiel nennt sie zum Beispiel Mohamed Bouazizi, der sich am 17. Dezember 2010 in Tunesien selbst verbrannt hat.

Am Beispiel des Iran erklärt sie, wie Twitter damals als Hilfstool eingesetzt wurde. Twitter hat im Iran allerdings nicht in der Organisation der Revolution geholfen, sondern dafür gesorgt, dass News aus dem Iran weltweit verbreitet werden können.

Sie berichtet aus Ägypten, wo eine größere Medien-Freiheit als zum Beispiel in Tunesien herrschte, trotzdem immer wieder regierungskritische Blogger inhaftiert wurden. Eine Übersicht hierzu liefert zum Beispiel die Seite Threatened Voices.

Im Sommer 2010 wurde der junge Ägyptische Blogger Khaled Said in Alexandria von der Polizei totgeschlagen. Viele junge Ägypter hatten daraufhin das Gefühl, dass sie selbst das Opfer hätten sein können. Die Facebook Seite „We Are all Khaled Said“ wurde damals gegründet und hat inzw. über eine Millionen Mitglieder. Der Tot des Bloggers stellt unter anderem den Beginn der Proteste in Ägypten und der Informationsverbreitung via Social Media dar.

Jillian weiß, dass das Internet ein Ort sein kann, an dem freie Meinungsäußerung herrschen kann. Im Rahmen der Revolutionen haben auch klassische Medien wie internationale Fernseh- und Hörfunksender Informationen und Strömungen aus dem Netz aufgegriffen und diese wiedergegeben. Gerade in Hinsicht auf die Unterschiede bei den technologischen Voraussetzungen in arabischen Ländern ist die Verknüpfung von Social Media und den klassischen Medien sehr wichtig. Denn: In Libyen haben zum Beispiel weniger Menschen Zugang zum Internet als in Tunesien oder Ägypten. Sie sind also auf die klassischen internationalen Medien, die sich via Satellit empfangen lassen, angewiesen. Darüber hinaus ist Social Media eine Alternative für die Menschen, die nicht das Recht haben sich öffentlich zu versammeln und frei zu sprechen.

In der anschließenden Fragerunde drehte es sich unter anderem um die Sicherheit von Aktivisten in sozialen Netzwerken. Ein Zuhörer merkte an, dass Facebook, Twitter und weitere Dienste vor Regierungen „einknicken“ könnten und die Sicherheit der Aktivisten nicht gewährleistet werden kann. Jilliane antwortete, dass der Aufbau eines eigenen Netzwerkes natürlich sicherer ist, die Menschen sich aber nunmal in großen Netzwerken aufhalten. Wer viele Menschen erreichen will, kommt an diesen also nicht vorbei.

Ein spannender Vortrag von einer Amerikanerin, die nicht nur durch „die amerikanische Brille“ blickt, sondern die Menschen in der arabischen Welt kennen und verstehen gelernt hat. Sie hat selbst vier Jahre in Marokko gelebt und vielfältige Verbindungen zu den Menschen vor Ort. Nicht zuletzt deshalb merkte sie an, dass die Menschen in der arabischen Welt den Westen für den Start der Revolutionen nicht benötigt haben. In den Medien werde dies allerdings teilweise anders dargestellt.

Jillian C. York: www.jilliancyork.com und http://twitter.com/jilliancyork

Nachtrag: Das Video des Vortrags ist jetzt online. Voilà:

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